Schon gar nicht in der Versicherungsbranche. Die Kombination von beidem: ein absolutes No-Go. Völlig absurd, allein der Gedanke.
Ich habe als Kind die Selbständigkeit immer als was ganz Schreckliches empfunden.
Damals als Kind ….
Mein Vater war ja nie länger als eine Woche am Stück von der Firma weg. Zu groß war die Angst, es könne was passieren, das seine umgehende Antwort bzw. Anwesenheit erforderte. Wenn wir die obligaten 7 Tage im Sommer in Kärnten verbrachten, musste die Telefonnummer unseres Quartiers immer im Büro hinterlegt sein. Für den Fall, dass der Chef „gebraucht“ wird. Ja, es gab eine Zeit VOR dem Handy. Undenkbar heute.
An den Wochenenden ist mein Vater stets mit einem großen Block in seinem Arbeitszimmer gesessen oder hat Verträge gewälzt. Hier hat er sich Ideen und To-Do-Listen aufgeschrieben. Es erschien mir als Kind unendlich öde, all dieses Papier. Außerdem konnten wir nie so coole Ausflüge machen wie meine Freunde mit deren Eltern. Immer gab es was zu tun.
Dass man als Kind alles was mit Versicherungen zu tun hat nicht gerade spannend empfindet ist logisch. Das hat sich auch bis zu meinem 20. Lebensjahr nicht geändert. Ich arbeitete damals zwar schon im Familienunternehmen, aber noch in einem anderen Bereich.
Der Beginn einer langen Reise …
Nach und nach schnupperte ich aber dann doch in unsere Versicherungsabteilung. Damals wurde bei uns noch sehr altmodisch gearbeitet. Mein Vater hatte eine Sekretärin und es gab Blaupapier. Für alle U20: Das war Durchschreibpapier mit dem man automatisch in der Schreibmaschine einen Durchschlag vom eben Geschriebenen hatte – ein Horror bei Tippfehlern ?
Ich kümmerte mich schnellst möglich um einen PC. Damals war das eine Einplatzversion. Von Netzwerk noch keine Spur, aber es reichte aus und ich musste mich nicht mit den mir so verhassten Schreibmaschinen rummühen.
1996 absolvierte ich die Gewerbeprüfung zum „Versicherungsmakler & Berater in Versicherungsnagelegenheiten“. Mein Vater hat mir danach sukzessive den Versicherungsbereich übertragen. Er war durch seine vielen Funktionen einer Mehrfachbelastung ausgesetzt und sichtlich froh, zumindest einen Teil seiner Verantwortung anzugeben.
Genau diese Verantwortung war für mich aber eine Triebfeder. Es machte mir Spaß, selbst Dinge entscheiden zu können. Auch wenn man dann einzustehen hat für das was man tat.
Dann hat´s „zoom“ gemacht ….
Ab diesem Zeitpunkt wurde für mich immer Konkreter, dass ich unser Familienunternehmen eines Tages ganz übernehmen werde. Ich habe diesbezüglich mit meinem Vater stundenlange Gespräche geführt. Er wollte die Belastung die mit solch einer Aufgabe einhergeht solange wie möglich von mir fernhalten. Auch wußte er nur zu gut, wie schwer es für eine Frau sein würde, Familie und Unternehmen unter einen Hut zu bringen.
Anfang 2009 erhielt mein Vater eine Krebsdiagnose. Das kam völlig unerwartet und traf uns alle wie ein Keulenschlag. Die letzten Wochen vor seinem Tod pendelte ich zwischen Palliativstation und Büro. So konnte ich meinem Papa wenigstens bis zum Ende von den Geschehnissen im Büro erzählen. Das war für ihn sehr wichtig. Er hatte damit bis zum Schluss das Gefühl mitten im Geschehen zu sein. Am 15.6.2009 verstarb er.
Und plötzlich selbständig
Danach habe ich die Firma übernommen. Es wäre jetzt gelogen, hätte ich diesen Schritt nie bereut und wäre seitdem durchgehend glückliche und sorgenfrei Unternehmerin.
Als unsere Kinder 2010 und 2012 auf die Welt kamen und die Firma deswegen nicht stillstand, brachte mich das mehrmals an den Rand des Machbaren. Meine Eltern waren beide gestorben, die Schwiegereltern fielen zur Kinderbetreuung aus. Und in Niederösterreich nehmen Kindergärten die Kids erst ab 2,5 Jahren. Mein Mann hatte zu dieser Zeit eine leitende Funktion und arbeitete 50-60 Stunden die Woche. Das bedeutete: tagsüber Kinder bespaßen und abends um 21:00h – wenn es im Haus wieder ruhig wurde – begann mein Arbeitstag. Mehrmals die Woche ging es so bis 3:00h Früh. Während der 4 Stunden Schlaf wachte dann auch noch meist eines der Kinder auf …
Diese Phase meines Lebens war sicherlich grenzlastig.
Und heute: Es ist gut wie es ist
Mittlerweile sind die Kinder schon größer und haben wir stundenweise eine Leihoma für die Kinderbetreuung.
Heute überwiegen für mich die Vorteile meiner Selbständigkeit ganz klar. Ich kann mir meine Zeit frei einteilen: Kann ins Fitneßcenter gehen, wenn es nicht überlaufen ist. Kann Einkäufe außerhalb der Stoßzeiten erledigen. Kann es mir erlauben, mit meinen Kindern auch während der Woche nachmittags was zu unternehmen. Kann mich mit anderen Selbständigen spontan zu einem Mittagessen oder einer Videokonferenz treffen. Kann mir die Freiheit erlauben, Aufträge abzulehnen, wenn die Chemie mit einem Kunden nicht passt.
Das bedeutet natürlich, dass auch die Arbeit manchmal zu unchristlichen Zeiten erledigt werden muß.
Ich könnte mir heute nicht mehr vorstellen in einem Angestelltenverhältnis zu arbeiten. Allein der Gedanke daran, nicht selbst zu bestimmen an welchem Projekt ich wann arbeite. Dieses Gefühl der Freiheit möchte ich nie mehr missen und bin sehr dankbar, dass alles so ist wie es ist.
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